Wenn die Anfälle beim Morbus Raynaud nur selten und dann noch kurzzeitig auftreten, ist i.d.R. keine Behandlung erforderlich. Vorbeugend sollte Kälte und Nässe vermieden werden. Auch ist das Rauchen mit der Diagnose eines Morbus Raynaud nicht zu vereinbaren.
Der Morbus Raynaud (abgekürzt M. Raynaud) tritt bei ca. 4% bis 17% der Bevölkerung auf, Frauen sind fünf bis zehnmal häufiger davon betroffen als Männer. Die ersten Krankheitszeichen können schon in jugendlichen Jahren auftreten, bei Männer beginnt die Kran kheit später. Eine erbliche Disposition ist gegeben.
Der Begriff "Raynaud" geht auf den französische Arzt Maurice Ray naud zurück. Er beschrieb 1862 erstmals eine durch Kälte verursachte Durchblutungsstörung der Finger, die in Phasen abläuft.
Die Morbus Raynaud (abgeküzt M. Raynaud) wird auch als Ischämiesyndrom, akrales Ischämiesyndrom oder vasospastisches Syndrom bezeichnet.
Beim Morbus Raynaud (M. Raynaud) liegen im weitesten Sinne a krale (= das äußere Ende betreffenden) Durchblutungsstörungen an Händen oder Füßen vor (akrales Ischämiesynd rom), im engeren Sinne handelt es sich um funktionelle Durchblutungsstörungen (vasospas tisches Synd rom). Das vasospas tische (= die krankhafte Verengung von Schlagadern betreffendes) Synd rom bzw. der Morbus Raynaud entsteht durch eine überschießende, funktionelle Gefäßverengung durch muskuläre Kontraktion (= Verengung, Zusammenziehen) der Tunica media (= mittlere Muskel wandschicht einer Schlagader); insbesondere an Finger - und Zehen arterien.
Meist tritt der Morbus Raynaud (M. Raynaud) anfallsartig in drei Phasen auf:
Blässe
Zyanose (= bläuliche Verfärbung)
Rötung, als Zeichen einer reaktiven Hyperämie (= vermehrte Blutfülle)
In manchen Fällen bleibt die Phase 1 aus. Schmerzen können in den Phasen 1 und 2 auftreten. Im fortgeschrittenen Stadium können Dauerschmerzen bestehen.
Der Morbus Raynaud (M. Raynaud) kommt in zwei Formen vor:
Der primäre Morbus Raynaud ist eine rein funktionelle Störung im Bereich der kleinen Arterien der Hände und Füße, bzw. Finger und Zehen. Eine Grunderkrankung kann nicht aufgedeckt werden, weshalb diese Rayn aud-Form als primär oder idiopathisch bezeichnet wird. In typischer Weise tritt dieser idiopathische Morbus Raynaud symmetrisch auf, wobei meist Daumen oder Groß zehen ausgespart bleiben. Die Langzeitprognose (= Vorhersage über den wahrscheinlichen Verlauf und Ausgang einer Kran kheit über einen längeren Zeitraum) ist beim primären Morbus Raynaud gegenüber der sekundären Form als günstiger zu bezeichnen.
Der sekundäre Mor bus Raynaud, auch als symptomatischer Mor bus Raynaud bezeichnet, ist gekennzeichnet durch einen (meist) asymmetrischen (= ungleichen) Befall von Händen und Füßen (akrale Ischäm ie).
Der sekundäre Mor bus Raynaud tritt als Begleiterkrankung bei folgenden Krankheiten auf (Auswahl):
Arteriopathien (= Erkrankungen der Schlagadern)
Gefäßentzündungen im Rahmen von Kollagenosen (= Defekt im Immunsystem mit Bindegewebsverhärtung)
chronische Traumatisierung (= zu einer Störung/Erkran kung führende Einwirkung)
Vergiftungen, hpts. Ergotam in (Migräne ?), aber auch Arsen und Blei
Schreitet die Kran kheit weiter fort, kann es zu Wachstumsstörungen der Nägel sowie Absterben der Finger kuppen kommen. Die Langzeitprognose (= Vorhersage über den wahrscheinlichen Verlauf und Ausgang einer Kran kheit über einen längeren Zeitraum) hängt von der Grunderkrankung ab.
Untersuchungen bei Mor bus Raynaud (M. Raynaud):
Labor: Blutbild, Blutkörpersenkungsgeschwindigkeit (BSG), Kryoglobuline, antinukleäre Antikörper
Hauttemperaturmessung
Dopplersonographische Blutdruckmessung der Hand - und Fuß arterien
Lichtplethysmographie (= Gerät zur Anzeige u. fortlaufenden Aufzeichnung der durchblutungsbedingten Volumenschwankungen eines Körperabschnitts)
Kälteprovokationstest
Angiographie zum Nachweis von Verschlüssen oder Stenosen (= Verengungen)
Kapillarmikroskopie im Hinblick auf eine mögliche Sklerodermie (= Oberbegriff für chron. verlaufende Krankheiten mit bindegewebiger Verhärtung)
Therapie bei Morbus Raynaud (M. Raynaud):
An erster Stelle steht natürlich die Behandlung einer ursächlichen Grundkrankheit.
Zunächst wird man auch durchblutungsfördernde Mittel wie Naftidrofuryl, Pentoxifyllin oder Buflomedil versuchen, in den letzten Jahren zunehmend das Prostaglandin E1-Analogon Alprostadil (Prostavasin®).
Zur Behandlung weiterhin bestehender Schmerzen hat sich bei der Mor bus Raynaud (M. Raynaud) die therapeutischen Lokalanästhesie (= Behandlung mit einem örtlichen Betäubungsmittel) in Form längerfristiger (2 bis 3 Wochen), kontinuierlicher Blockaden (= Betäubungen) mit Katheter (*siehe unten) sehr bewährt.
Für die distalen (= von der Körpermitte mehr entfernten Abschnitte) oberen Extremitäten (= Arme) eignet sich die kontinuierliche Blockade des Pl exus brachial is (= Armnervengeflecht). Da der Pl exus brachial is reich an vegetativen (= das unwillkürliche Nervensystem betreffenden) Nervenfasern ist, tritt neben der nozizeptiven (= die Schmerzreizleitung betreffenden) Hemmung auch eine ausreichende sympathikolytische (= gefäßerweiternde) Wirkung ein.
Bei herabgesetzter Lokalanästhetikakonzentration (z.B. 10 bis 15 ml Bupivacain, 0,1 bis 0,15%) bleibt die Motorik (= Muskelkraft) erhalten, so daß begleitend krankengymnastische Übungsbehandlungen für die Hände möglich sind (trainingshalber auch mit Kälteexposition).
Die Methode kann zeitgleich beiderseits durchgeführt werden, aus Sicherheitsgründen sollte bei repetitiver Applikation (= wiederholter Einzelverabreichung) diese alternierend (= im Wechsel) erfolgen.
Eine weitere Therapiemöglichkeit ist die Blockade (=Betäubung) des Ganglion stellatum (= eine vegetative Schaltstelle im seitlichen Halsbereich) in gehäufter Abfolge, optimal in kontinuierlicher Form mit Katheter*.
Für die distalen unteren Extremität en (= Füße) eignet sich die kontinuierliche Blockade des N. ischiadicus mit Katheter* (Klatt et Leser 1994). Auch dieser Nerv führt vegetative Fasern mit sich, so daß hier ebenso die gewünschte sympathikolytische (= gefäßerweiternde) Wirkungen eintritt, wenn auch nicht so ausgeprägt wie beim Plexus brachialis.
Diese kontinuierlichen Blockaden bewirken beim Mor bus Raynaud eine Art Gefäßtraining, wodurch sich die ursächliche Engstellung der Gefäße wieder normalisiert oder zumindest anhaltend bessert.
Die Durchführung kontinuierlicher Blockaden mit Katheter* erfordert in der Regel einen stationären Aufenthalt. Im ambulanten Bereich kommen hauptsächlich single-shot-Blockaden (= Einzelbetäubungen) zur Anwendung. Beim Morbus Raynaud wäre dann aber die Guanethidin-Blockade (= Blockade mit einem gefäßerweiternden Mittel) vorzuziehen, da deren sympathikolytische Wirkung tagelang anhält.
* Bei der sog. kontinuierlichen Blockade mit Katheter wird ein dünner Kunststoffschlauch dicht an Nervengeflechte bzw. den betroffenen Ner ven eingepflanzt. Die Einpflanzung erfolgt durch eine handelsübliche Kanüle hindurch, es muß also nicht "aufgeschnitten" werden. In der Folge wird über diesen Katheter mehrmals täglich, jeweils nach Abklingen der vorangegangenen Dosis, das Lokalanästhetikum (= örtliche Betäubungsmittel) völlig schmerzlos nachgespritzt. In bestimmten Fällen kann zur Verabreichung des örtlichen Betäubungsmittel durch den Katheter hindurch auch eine kleine Pumpe angeschlossen werden. Dass die schmerzlindernde Wirkung i.d.R. über die eigentliche Behandlungszeit hinaus anhält, ist u.a. darauf zurückzuführen, daß bei dieser Blockadebehandlung auch die sog. vegetativen Ner ven betroffen sind, woraus, wie oben schon ausgeführt, eine sehr deutliche Durchblutungssteigerung resultiert. Dies ist der Grund, warum diese Behandlungsmethode besonders bei Schmerzen, die auf eine verminderte Blutversorgung (Morbus Raynaud !), auf entzündliche oder auch degenerative Prozesse zurückzuführen sind, sehr hilfreich ist.